Weihnachtsgeschenk
Tiere verändern Menschen Die Lokomotive des SCHNAUZERL

Ein lebendes Weihnachtsgeschenk kann sehr falsch verstanden werden und am Ende sind Tier und Besitzer unglücklich. Wenn allerdings der Zufall zu Hilfe kommt, kann es auch einen rührenden Ausgang nehmen...

Ach ja - 24. Dezember - Weihnachten. Eigentlich hatte er den Gedanken bis zuletzt erfolgreich verdrängt. Aber jetzt mußte er sich etwas einfallen lassen. Sie sahen ihn alle so komisch an - geheimnisvoll - lauernd - gespannt. Ja die Geschenke hatten sie diesmal noch nicht gefunden - konnten sie auch nicht - hatte er doch auch noch keine gekauft.
Nach dem Frühstück machte er sich aus dem Staub - er haßte es, Präsente zu besorgen - überhaupt war "
EINKAUFEN" für ihn das Schrecklichste der Welt.

Neun Uhr - noch drei Stunden und er müßte bis dahin für jeden etwas besorgt haben - natürlich etwas, worauf sich jeder freute, um nicht zu sagen "erwartete".

Während er durch die Geschäfte streifte und auch ganz erfolgreich immer wieder einen Beschenkten auf seiner geistigen Liste abhacken konnte, dachte er natürlich auch an sich. Wieviel Sinnloses würde er wieder bekommen. Aber selber Schuld - seine geheimen Wünsche gab er ja nicht preis.

Als er an der Zoohandlung vorbeikam, beschleunigte er seine Schritte. Er konnte den Geruch in diesen Geschäften nicht ertragen. Nicht daran zu denken, wenn eines der Tiere auskommen sollte. Er war froh - vor dem Schaufenster des Reisebüros stehend - wieder in Sicherheit zu sein.

Er wäre ja - wie in den Vorjahren - über Weihnachten viel lieber in den Süden geflogen. Er mochte keinen Schnee und die Kälte schon gar nicht. Aber diesmal waren alle einstimmig dagegen. Unverständlich für ihn, aber er mußte der Mehrheit ihr Recht zugestehen.

Als er auf seiner imaginären Liste das letzte Häckchen machte, stand er gegenüber des Kiosk. Es roch nach Maroni und Glühwein. Glühwein - ja genau den brauchte er jetzt. Eine kleine Pause mußte er sich ja auch gönnen dürfen - die stand im nun rechtmäßig zu. Und zu Hause, konnten sie ihn jetzt ja sowieso nicht brauchen.

Von weitem schon, sah er einen älteren Herrn mit einem großen, zottigen Hund näherkommen. Unwillkürlich trat er einen Schritt zurück. Er mochte keine Hunde, er mochte Tiere ganz allgemein nicht. Aber so ein großes zotteliges, Untier mußte ihm nicht gerade zu nahe kommen. Abgesehen von der Hygiene, konnte man doch nie wissen, was in so einem Raubtier vor sich ging. Ihm ekelte und er war froh, als sich der Herr, nachdem er sich eine Tüte Maroni erstanden hatte, schnell wieder entfernte. Er war auch froh, daß zu Hause keine Haustiere waren. Wenn er schon zu fast allen Bereichen des Lebens ja und ahmen sagen mußte - er sich immer dem Willen seiner Familie beugte - aber in diesem einen Punkt war er bisher respektiert worden.

Als er - es dämmerte bereits - nach Hause kam, deponierte er seine Päckchen für alle in der Garage. Er durfte den Baum ja nie vorher sehen.
In der Küche roch es nach dem üblichen
Heiligabend-Abend-Gericht, auf das er sich das ganze Jahr schon freute. Ja doch - darauf freute er sich.
Aber da war noch ein Geruch im Haus. Den kannte er nicht - und außerdem spielte überall laute Musik. Das war nicht üblich. Was war hier los? Sollte es dieses Jahr eine ganz
besondere Überaschung für ihn geben?

Endlich die Bescherung. Da war er nun, der Lichterbaum - und - an einem der Äste knapperte genüßlich ein junger Hund. Das Hündchen ließ ab von seinem Kauobjekt und hüpfte voller Freude auf ihn zu. Sollte der nun bei ihnen leben? Es kam noch schlimmer: Es sollte "sein" Hund werden. Er, wo er doch Tierhaare, Tiere und besonders junge Hunde nicht leiden konnte. Diesmal also nicht nur ein sinnloses Geschenk, sondern auch noch ein richtiges "ANTIGESCHENK".

Natürlich, anmerken ließ er sich nichts, tat so als freue er sich und streichelte das Wesen auch richtig einmal. Aber da waren die Langlaufskier ja noch besser, obwohl er genau wußte, er würde sie ein einziges Mal - gleich morgen um seine Freude zu demonstrieren - benutzen und dann würden sie im Keller stehen. Aber der Hund, den konnte man nicht in den Keller stellen - der war einfach immer da. Womöglich mußte er ja auch sein Bett noch mit ihm teilen - eine Horrorvision für ihn. Aber auch wenn er nur an das tägliche Gassi-gehen dachte, wurde ihm schon übel. Und im Haus, die Haare, der Schmutz, der Geruch und - ja und die Häufchen bis er endlich Stubenrein sein würde. Und erzogen mußte das Tierchen ja auch noch werden - hatte er denn nicht schon genug Arbeit? Warum taten sie ihm das an? Er fühlte sich unverstanden, ungerecht behandelt - oder wollten sie ihn absichtlich ärgern? Obwohl niemand etwas von seinen Gedanken bemerkte - für ihn war der Abend gelaufen - ja, das war der schlimmste Tag - zumindest seit vergangenen Weihnachten.

Pflichtbewußt schnallte er sich am nächsten Tag die neuen Langlaufskier an die Füße und zog los. Ohne Hündchen natürlich - die kleinen Pfötchen waren ja auch viel zu kurz für den Schnee. Jetzt erst wurde ihm bewußt, wie viele Jahre die Loipe schon direkt an seinen Haus vorbeiführte, aber er wäre nie auf die Idee gekommen, sie auch zu benutzen. Nach dem Weihnachtstrubel tat ihm die Ruhe und die Einsamkeit richtig gut. Er freute sich schon auf den Jägertee, bei der Wirtschaft, an der er vorbeikommen wollte. Aber vorher mußte er noch diesen kleinen Hügel runter - er, wo er doch so ungeschickt war - auf diesen Skiern. Ob er sie abschnallen sollte? Nein, er würde sich bis in alle Ewigkeit schämen, wenn das jemand sehen würde. Immer schneller wurde er und schon lag er im Schnee. Einer der Skier mußte ihn am Kopf getroffen haben. Es tat höllisch weh, aber da vorne war ja gleich die Wirtschaft. Es wurde ihm schwarz vor den Augen - an Aufstehen nicht zu denken.

Als er wieder zu sich kam, sah er vorerst nur helles, grelles Weiß. Aber es fühlte sich warm an und weich. Jemand hielt seine Hand. Er war lange genug verheiratet, um zu wissen, daß es die Hand seiner Frau war. Eines mußte er ihr lassen. Die Wärme und Zärtlichkeit, die sie ihm vermitteln konnte, ließen ihn all die Unbill seines Ehe- und Familienlebens sekundenschnell vergessen. Als die Umrisse allmählich schärfer wurden, erkannte er das Krankenzimmer.

Wie kam ich hierher? Wer hat mich gefunden? - waren seine ersten Fragen. Seine Gattin erzählte ihm, daß sein Hündchen einfach ausgebüchst war. Es lief der Loipe nach - ihm nach - und dürfte ihn gefunden haben. Rannte dann zu dem nahegelegenen Gasthof und bellte vor der Tür wie verückt, bis einige Gäste nach ihm sahen. Sie wollten ihn, weil er so entzückend aussah und niedlich hüpfte, fangen. Aber das Hündchen sprang immer wieder davon und führte so die Gäste direkt zu ihm. Den Rest konnte er sich denken.

Der Arzt erschien und fragte nach seinem Befinden und ob er einen Wunsch hätte. Ja er hatte einen Wunsch!

Der Arzt meinte, an sich sind Hunde in Krankenhäusern ja strengstens verboten, aber für Lebensretter müssen wir wohl eine Ausnahme machen.

Als sie den jungen Vierbeiner hereinbrachten und ihm auf das Bett setzten, drückte er "seinen" Hund an sich, streichelte ihn liebevoll und meinte nur noch: "Mein schönstes Weihnachtsgeschenk will ich immer bei mir haben".

(WoKi)