Hoch in den Schweizer Alpen
liegt das Hospiz des Großen St. Bernhard. Auf dem Paß des Großen St. Bernhard nahe der
italienischen Grenze bildet das Kloster eine der höchstgelegenen und ältesten
menschlichen Siedlungen in Europa. Als die Römer den St. Bernhard überquerten, um Europa
zu erobern, errichteten sie hier einen Tempel zu Ehren Jupiters.
Im 10. Jahrhundert gründete
Bernhard von Menthon (später als St. Bernhard heiliggesprochen) über den alten Ruinen
das Hospiz, widmete sein Leben der Hilfe bedürftiger Pilger, die über diesen Paß meist
zu Fuß ihren Weg nach Rom zogen.
Die Mönche des St. Bernhard
halfen den Reisenden, retteten Opfer aus Schneewehen, Lawinen und der Kälte des bitteren
Winters. Mitte des 18. Jahrhunderts entdeckten die überlasteten Mönche, daß ihre Hunde,
seit 1707 als Wachhunde im Kloster gehalten, dank vorzüglicher Nasenveranlagung, Kraft
und wetterfestem Haarkleid besser ausgestattet waren, um Reisende zu führen und zu
retten, als sie selbst. Menschen konnten den trügerischen engen, von Schnee bedeckten
Pfaden kaum folgen, oft stürzten sie in den Tod. Aber die instinktsicheren Hunde zeigten
ihnen den Weg. Der erstaunliche Orientierungssinn war bei den Schneestürmen, bei denen
sonst selbst erfahrene Mönche sich verirrten und umkamen, eine Gottesgabe.
Die ursprünglichen Versuche
erfolgten mit mastiffartigen, großen Hunden, vorwiegend römischen Ursprungs. Aber bis
Anfang des 19. Jahrhunderts hatten die Mönche einen Zwinger mit eigenem Zuchtprogramm
aufgebaut. Diese Hunde nannte man "Heilige Hunde", Alpine Mastiffs,
Klosterhunde. Nicht vor 1865 tauchte der Name "Bernhardiner" auf.
Edwin Landseer hat diese Hunde
auf der Leinwand unsterblich gemacht. Sein Werk mit dem Titel Alpine Mastiffs Reanimating
a Distressed Traveller portraitiert zwei Hunde, die über einem am Boden liegenden
Reisenden stehen. Einer der Retter bellt Alarm, der andere, das alles entscheidende
Brandy-Fäßchen um den Hals gebunden, versucht, den Mann durch Lecken der Hand
wiederzubeleben. Landseers listige Erfindung eines nie vorhandenen Brandy-Fäßchens hat
sich über die Jahre als Symbol gehalten.
Junghunde begleiteten die
Ausgewachsenen auf ihren Kontrollgängen, lernten dabei von den erfahrenen Alten. Man
berichtet, daß bei Auffinden eines Menschen sich je ein Bernhardiner an seine Seite
legte, um Körperwärme auf den Menschen zu übertragen. Ein anderer leckte das Gesicht,
versuchte, das Opfer wiederzubeleben, und ein vierter Hund lief zum Kloster zurück und
holte Hilfe.
Es gibt eine Fülle an Berichten
über großartige Rettungen, insgesamt sollen diese Hunde 2.500 Menschenleben gerettet
haben. Von dem berühmtesten dieser Hunde "Barry" wird berichtet, er habe 40
Menschenleben gerettet. Er versah seinen Dienst bis 1812, wurde dann ins Tal gebracht, wo
er seinen Lebensabend verbrachte, 1814 starb.
Ursprünglich waren diese Hunde
von mäßiger Größe, größtenteils kurzhaarig. Um 1830 wurde der Hundebestand auf dem
Hospiz durch Verluste, Krankheiten, Inzucht und schlechte Winter dezimiert. Über die
nächsten Dekaden kreuzten die Mönche andere Hunderassen ein, um die Leistung
zurückzugewinnen, den St. Bernhard so zu züchten, wie wir ihn heute kennen. Als
Nebeneffekt der Kreuzungen mit großen Rassen wie dem Neufundländer kam es zu vermehrter
Größe und einem langhaarigen Schlag, der sich aber für die Aufgaben weniger eignete.
Noch heute sind die Bernhardiner im Kloster neben dem St. Bernhardspaß ein Wahrzeichen.
Der erste Schweizer, der
Bernhardiner gezielt züchtete und Ahnentafeln ausschrieb, war ab etwa 1850 Heinrich
Schumacher aus Hollingen bei Bern. Der Reverend J.C. Macdona stellte die Rasse um 1870 in
England der Öffentlichkeit vor. Wenn über eine Rasse Sensationelles berichtet wird,
dauert es nie lange, bis sie nach Amerika kommt. So traten 1877 die ersten Bernhardiner
auf der Westminster Kennel Club Show in Wettbewerb. Im Westminster-Katalog wurden für ein
paar Hunde geforderte Preise veröffentlicht, dabei lagen sie für diese Rasse bei über
1.000 Dollar.
Diese Hunde sind der
Größe nach und hinsichtlich einiger weiterer Eigenschaften rekordverdächtig, werden im
Guinness Book of World Records dreimal erwähnt. So gewann "Benedictine" den
Ehrenplatz, schwerster Hund der Welt zu sein, da er die Waage zu einer Anzeige von 138 kg
hochschnellen ließ. Ein Berhardiner namens "Ayette's Brandy Bear" schleppte die
schwerste Ladung, nämlich 2.9000 kg Stahl auf einem Räderkarren über eine Strecke von 5
m in 90 Sekunden. Und einer Hündin - angemessen "Careless Ann" genannt - wird
der Rekord zugesprochen, sie habe den größten Hundewurf mit 23 Welpen geboren.
Der schweizerische St.
Bernhards-Club wurde 1884, der Deutsche St. Bernhards-Klub, Sitz München 1891 gegründet.
In beiden Ländern besitzt die Rasse viele treue Anhänger.
Die St. Bernhards sind nicht
immer "Heilige", sind aber immer groß. Diese Kombination erfordert einen
Besitzer, der entschlossen ist, ein süßes, liebenswürdiges Wollknäuel von Anfang an
zur Disziplin zu erziehen. Verantwortliche Züchter predigen den Käufern, wählerisch zu
sein, immer nur Nachwuchs von Etern mit kräftigem Körperbau und freundlichem Wesen zu
kaufen. |